In den majestätischen und steilen Landschaften des nördlichen Rhône-Tals stellt sich eine neue Winzergeneration einer faszinierenden Herausforderung: die Eleganz und Feinheit ihrer Weine in einer sich verändernden Welt zu bewahren. „Mein Vater suchte nach vollreifen Weinen; meine Herausforderung besteht darin, Trauben zu haben, die nicht zu reif sind“, erklärt Olivier Clape vom Weingut Auguste Clape in Cornas. Seine Worte hallen durch die Region, wo der Klimawandel jeden Schritt und jede Entscheidung neu definiert, um das subtile Gleichgewicht zu erhalten, das diese Crus berühmt gemacht hat.
Côte Rôtie: Das Burgund des Rhône
Diese Suche nach Harmonie erstreckt sich über das gesamte nördliche Rhône-Tal, zwischen Vienne und Valence, wo die Rebsorten Syrah, Marsanne, Roussanne und Viognier auf Granitböden und steilen Hängen gedeihen. Die Rotweine der Côte-Rôtie zeichnen sich durch eine straffe Struktur und eine gewisse Strenge aus – Eigenschaften, die im Angesicht des Klimawandels wertvoll werden, da sie ihre natürliche Frische bewahren. Das Weingut Clusel Roch, ein Vorreiter, geht hier einen faszinierenden Weg und kultiviert die alte Syrah-Variante Serine, bekannt für ihre qualitativ hochwertigen Trauben. Mit ihren über hundertjährigen Reben schaffen sie neue Pflanzen, um die Exzellenz ihrer jungen Reben zu sichern. Dieser aufwendige Prozess ist zeit- und kostenintensiv, eine echte Herausforderung für die kommenden Winzergenerationen.
Viognier in Condrieu: Zu heiß!
Jeder Jahrgang ist in dieser Region ein aufregendes Abenteuer, eine ständige Überraschung in Aromen und Geschmacksnoten. In Condrieu formen die Winzer den zarten und aromatischen Viognier, um daraus großzügige und duftende Weißweine zu gewinnen. Doch steigende Temperaturen erschweren die Erhaltung von Frische und Balance. Eine bemerkenswerte Ausnahme bildet das Château Grillet, das im Herzen von Condrieu liegt und eine eigene Appellation darstellt. Hier verleiht die alte Viognier-Variante Chouchillon den Weinen eine besondere Komplexität und Balance, die sie von anderen Condrieu-Weinen abhebt.
Saint Joseph: Die verlangsamte AOC
Entlang des Rhône-Flusses stößt man auf die Appellation Saint-Joseph, eine wunderschöne und komplexe Weinregion mit vielfältigen Terroirs und Lagen. Hier herrschen die weißen Rebsorten Marsanne und Roussanne sowie die rote Syrah vor. Die Weine aus dem Norden der Appellation sind frisch und lebendig, während jene aus dem Süden eher großzügig und weich sind. Eine kürzlich umgesetzte Gesetzesänderung hat jedoch die AOC grundlegend verändert: Seit 2021 werden Weinberge über 350 Meter Höhe als „Vin de France“ statt als Saint-Joseph klassifiziert, was gegen die Tendenz geht, höher gelegene Lagen zu nutzen, um der Hitze entgegenzuwirken. Viele Weine, die bis 2020 noch als Saint-Joseph galten, sind nun „Vin de France“ und entsprechend preiswerter.
Hermitage: Die Kunst der Assemblage bei J.L. Chave
In Tain-l’Hermitage erreicht man den berühmten Hügel von Hermitage, Heimat einiger der renommiertesten Rot- und Weißweine der Welt. Anders als im Burgund, wo der Trend zunehmend zu Parzellen-Cuvées geht, bleibt die Tradition auf dem Hermitage-Hügel das Assemblieren verschiedener Parzellen. Jean-Louis Chave, eine ikonische Figur der Region, führt diese Herangehensweise mit großer Meisterschaft fort. Bei meinem Besuch hatte ich die Gelegenheit, Chaves Weine zunächst parzellenweise zu verkosten, wobei jede Lage einzeln vinifiziert wird. Dann folgt die finale Assemblage – ein einzigartiger Wein, der Harmonie, Komplexität und Tiefe einfängt und die Summe seiner Teile übertrifft.
Crozes-Hermitage(s)
Weiter südlich, in der Nähe von Valence, liegt die Appellation Crozes-Hermitage, die größte und zugleich vielseitigste im nördlichen Rhône-Tal. Die Weine werden hier sowohl an den Hängen als auch in der Ebene angebaut, was eine beeindruckende Vielfalt ergibt. Einige Weine zeichnen sich durch ihre Eleganz und Finesse aus, während andere rustikaler und kraftvoller sind, ein Ausdruck der großen Vielfalt an Terroirs und Mikroklimata.
de Crozes-Hermitage
Dulcis in Fundo : Cornas & St. Péray
Schließlich teilt sich kurz vor Valence die Produktion zwischen den Appellationen Cornas und Saint-Péray auf. In Cornas liegt der Fokus ausschließlich auf Rotweinen, während Saint-Péray für seine Weißweine und Schaumweine bekannt ist. Die Syrah-Weine aus Cornas sind robust und kraftvoll, die wohl markantesten Rotweine des nördlichen Rhône-Tals. Das einzigartige Mikroklima, geschützt vor dem Mistral, schafft ideale Bedingungen für diese Weine, die die Hitze und Kraft ihres speziellen Terroirs widerspiegeln.
Das nördliche Rhône-Tal, mit seinen spektakulären Landschaften und leidenschaftlichen Winzern, setzt die Grenzen immer weiter hinaus und beweist, dass selbst angesichts großer Herausforderungen die Liebe zum Terroir und die Exzellenz der Weinproduktion unerschütterlich sind.
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